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Vor 150 Jahren: Ein Brand zerstört Schloss Neersen bis auf die Grundmauern

Schloss Neersen als Baumwollspinnerei: Zeichnung von 1854

Der 14.Oktober 1977 war ein großer Tag für ganz Willich - feierlich wurde der Richtkranz von einem Kran auf das Dach von Schloss Neersen gehievt, während weiter unten Altbier und Erbsensuppe gereicht wurden. Das mit Abstand ehrgeizigste Projekt der noch jungen Stadt, der Wiederaufbau des Westflügels von Schloss Neersen, stand nun kurz vor dem Abschluss. Es hatte weit mehr als hundert Jahre gedauert, den Virmondschen Prachtbau wieder endgültig aufzubauen und damit jene Schäden zu beseitigen, welche das Unglück in der Nacht vom 27. auf den 28.März 1859 verursacht hatte.

Schloss Neersen als Baumwollspinnerei

Schloss Neersen als Baumwollspinnerei: Zeichnung von 1854

Blenden wir also 150 Jahre zurück. Die Virmond waren in Neersen längst Vergangenheit. Das Schloss hatte der umtriebige letzte kurkölnische Amtmann, Josef Lenders, von der französischen Domainenverwaltung gekauft - für den Freundschaftspreis von 23.000 Talern.

Nach Lenders Tod verpachteten seine Erben den Besitz an den Gladbacher Fabrikanten Hüsgen, der im Schloss 1851 eine Baumwollspinnerei errichtete - damit hatte die Industrialisierung Einzug in Neersen gehalten, früher als in allen anderen Willicher Stadtteilen.
Am Mittelbau des Schlosses ließ Hüsgen zwei Dampftürme anbauen, eine in dieser Zeit gefertigte Zeichnung gibt uns ein gutes Bild vom damaligen Zustand des Schlosses.

Doch die Baumwollspinnerei sollte nur ganze acht Jahre lang produzieren, denn in der besagten Nacht vom 27. auf den 28. März 1859 äscherte ein Brand in der Spinnerei das Schloß bis auf die Umfassungsmauern ein. In den Tagen nach dem Unglück wurden sowohl die Ruine als auch der Park hemmungslos geplündert. Dabei wurden sogar die als Schildhalter vor dem Portal stehenden Löwen entwendet.

Schloss Neersen als Ruine

In der Folgezeit zirkulierten in Neersen wilde Gerüchte, man habe in den Ruinen einen Schatz gefunden, den der letzte Graf Virmond hier versteckt habe. Auch von einem geheimnisvollen Skelett und einem Dolch war die Rede. Prompt meldeten einige dubiose Gestalten Ansprüche auf das Schloss an und selbsternannte Schatzsucher machten den Ort unsicher. Um es kurz zu machen: Offiziell wurde in den Ruinen des Schlosses nie ein Schatz gefunden und es darf bezweifelt werden, dass es diesen Schatz jemals gegeben hat.

Wiederaufbau durch Gustav Klemme

1884 ließ der Enkel von Josef Lenders, Hugo Lenders, Ruine und Land versteigern. Die Ruine erwarb der Krefelder Fabrikant Gustav Klemme, der 1866 nahe dem Schloss eine Velvetfabrik aufgebaut hatte. Am 14.4.1896 erhielt Klemme die baupolizeiliche Genehmigung, Schloss Neersen wieder aufzubauen. Innerhalb weniger Jahre versetzte der Fabrikant Mittelbau und Ostflügel wieder in ihren originalgetreuen Zustand. Warum der Westflügel Ruine blieb, ist noch heute ein Geheimnis - wahrscheinlich lag es wie so oft am Geld.

Und so mussten weitere 75 Jahre vergehen, bis der Willicher Stadtrat entschied, auch den Westflügel wieder aufzubauen und so den großen Brand von 1859 endgültig vergessen zu machen.