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Vor 50 Jahren: Freigabe der 'Umgehung Neersen'

Kinder bei der Freigabe der Umgehung Neersen„Das ist unser schönstes Weihnachtsgeschenk", sagte der Neersener Gemeindedirektor Bernhard Hüsers anläßlich einer Feierstunde am 20.Dezember 1968. Er meinte damit weder eine Krawatte, noch eine Armbanduhr oder eine Schachtel Pralinen - sondern eine Straße.

Diese Straße war jedoch für die damals rund 5.000 Bewohner der Gemeinde Neersen ein Geschenk, dass ihnen - sozusagen über Nacht - Ruhe, Sicherheit und damit ein enormes Stück Lebensqualität brachte. Die Rede ist von der „Umgehung Neersen", dem ersten Teilstück der neuen B 57, die wir heute als Autobahn 44 kennen.

Die alte Bundesstraße 57 war die Hauptverkehrsader von den Benelux-Staaten über Mönchengladbach nach Krefeld und weiter ins Ruhrgebiet - und sie verlief mitten durch Neersen. Durch die zunehmende Motorisierung nach 1945 wurde die B 57 für den Ort zu einer enormen Belastung. Ein Pressebericht von 1952 schilderte die täglichen Verkehrsunfälle und die daraus folgende Konsequenz, dass Neersen in der Unfallstatistik des Kreises an der Spitze läge. Als Gründe für die Unfallhäufigkeit nannte der Journalist die unübersichtliche Kurve mitten auf der Hauptstraße, die unzureichende Breite der Fahrbahn und das bei Regenwetter extrem rutschige Blaukopfpflaster.

Die Hauptstraße im Jahr 1968Schon seit Mitte der 1950er Jahre forderte die Gemeinde Neersen deshalb vehement eine Ortsumgehung, zumal sich die katastrophalen Verkehrszustände im Ortskern von Jahr zu Jahr weiter verschlechterten. So zwängten sich nach einer Verkehrszählung 1958 täglich um die 13.000 Kraftfahrzeuge durch den Ort - zehn Jahre später sollten es 18.000 sein.

Anfang der 1960er Jahre tat sich dann endlich was: Im November 1961 wurden die Pläne für die Umgehung Neersen vorgestellt. Diese sollte im Norden an der Gaststätte Schroers von der B 57 abzweigen, östlich an Neersen vorbeilaufen und am Kanalhäuschen wieder auf die alte Straßenführung stoßen. Aufgrund der Planung der heutigen A 52 zur Entlastung der alten B 7 beinhaltete die Planung schon zu diesem Zeitpunkt ein Autobahnkreuz im Raum Neersen. Hierfür wurde das "Gelände zwischen der Eisenbahnlinie Niederheide-Neersen, der Cloer und der alten B 57 vorgesehen". Auch eine Verbindung zur L 385 am Haus Bönninghausen, also die heutige Anschlußstelle Münchheide, war bereits in der Planung.

Das neue Autobahnkreuz Neersen 1968Am 20.12.1968 war es dann endlich soweit: Nach sieben Jahre Planung und drei Jahre Bauzeit wurde die 5,5 Kilometer lange, autobahnähnlich ausgebaute Umgehung Neersen dem Verkehr übergeben. 18,15 Millionen D-Mark hatte sich der Bund das Projekt kosten lassen. Unmittelbar hinter dem Gladbacher Flughafen verließ die Umgehung die alte B 57, passierte das Autobahnkreuz, ließ dann Neersen links liegen, verlief noch einige Kilometer parallel zur alten B 57, um dann hinter der Straße Anrath-Münchheide wieder in die Bundesstraße zu münden.

Für die Neersener begann eine neue Zeitrechnung. Zwar ist auch heute noch die Verkehrssituation auf der Hauptstraße aufgrund der engen Bebauung nicht unproblematisch, aber der tägliche Lindwurm durch den Ort gehört seit 50 Jahren der Vergangenheit an.