Stadt Willich

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Vor 50 Jahren: Die Stadt Willich kauft Schloss Neersen

Schloss Neersen im Jahr 1965, der Westflügel ist noch eine RuineZum 1.Januar 1970 wurde die Stadt Willich aus den ehemaligen Gemeinden Willich, Schiefbahn, Anrath und Neersen gebildet. Nur knapp ein Jahr nach der Gründung, am 18.Januar 1971, erwarb die junge Stadt ein Anwesen. Nicht irgendein Anwesen, sondern das bekannteste im ganzen Stadtgebiet. Zieht man den Vergleich zum allseits beliebten Monopoly, dann ist das so, als wenn ein Spieler direkt in der ersten Runde auf die Schlossallee gekommen wäre. Denn die Stadt kaufte Schloss Neersen mit dem angrenzenden Schlosspark.

Der ehemalige Stadtdirektor Dieter Hehnen, ein profunder Kenner der jüngsten Willicher Geschichte, hat die Hintergründe in einem Aufsatz für das Jubiläumsbuch „50 Jahre Stadt Willich" beschrieben - und die entscheidende Frage geklärt, warum eine frischgegründete Stadt angesichts der zahlreichen anzupackenden Probleme ausgerechnet auf die Idee kam, sich ein Schloss zu kaufen, das sich auch noch in einem beklagenswerten Zustand befand.

Der wohl wichtigste Grund für den Kauf war fehlender Platz für die Verwaltung. So mussten nicht nur die bislang bereits existierenden Ämter untergebracht werden, sondern auch im Rahmen der Neugliederung dazugekommene Aufgaben wie Stadtplanung, Bauaufsicht oder Rechnungsprüfung. Die Rathäuser der Altgemeinden waren damit schlicht überfordert. Was tun ?

Johannes Wirtz, letzter Bürgermeister von NeersenIdeen waren reichlich vorhanden, wobei das Kirchturmdenken unmittelbar nach der Neugliederung noch eine enorme Rolle spielte. So wollten die Willicher die Verwaltung im größten Stadtteil, also ihrem konzentrieren. Die Schiefbahner favorisierten die Errichtung eines neuen Stadtzentrums samt zentralen Rathaus auf der grünen Wiese nördlich des St.Bernhard-Gymnasiums, die Anrather liebäugelten mit einer Konversion des alten Lorenz-Hospitals für Verwaltungszwecke. Alle Alternativen hatten, wie Dieter Hehnen treffend beschreibt, eines gemeinsam: Sie erforderten erhebliche Investitionen und damit Finanzmittel, welche die junge Stadt schlichtweg nicht hatte.

In dieser verfahrenen Situation erhielt die Stadt im Frühsommer 1970 das Angebot des Deutschen Roten Kreuzes, welches den Verkauf von Schloss Neersen plante und einen Käufer suchte. In Willich löste das Angebot keineswegs nur Begeisterung aus, sondern es gab zum Teil erheblichen Widerstand. Dies hatte vor allem zwei Gründe: Zum einen den bereits beschriebenen Zustand des Adelssitzes, dessen Westflügel seit dem großen Brand von 1859 eine einzige Ruine war. Und zum anderen, weil die Willicher, Anrather und Schiefbahner andere Pläne hatten.

Die Neersener Kommunalpolitiker, allen voran Johannes Wirtz, waren jedoch sehr geschickt in der Meinungsbildung für einen Ankauf. So erinnert sich Dieter Hehnen an das Neersener Schützenfest im Sommer 1970, wo die als Ehrengäste erschienen Vertreter aller Ratsfraktionen bei reichlich Bier, Musik und guter Laune vom Kauf des Neersener Schlosses überzeugt wurden.

Portrait von Dr.Hans LamersOhne einen Unterstützer wäre aber vielleicht nie etwas aus dem Ankauf geworden: der erste Bürgermeister der Stadt Willich, Dr.Hans Lamers, war von Anfang an ein großer Verfechter des Projekts. Wie kein anderer erkannte er bereits 1970, welche Möglichkeiten und welches Potenzial Schloss Neersen für die junge Stadt Willich bot.

So fasste der Stadtrat schließlich am 14. September 1970 bei vier Enthaltungen den Beschluss, das Schloss Neersen mit dem Schlosspark für insgesamt 590.000 DM zu erwerben. Der Kaufvertrag mit dem Deutschen Roten Kreuz wurde schließlich am 18. Januar 1971 abgeschlossen. Und der Rest ist Geschichte ...