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100.Geburtstag von Ernest G.Lion

Portrait von Ernest G.Lion im Jahre 2000Ernst Lion wurde am 15.12.1915 als Sohn des aus Willich stammenden Juden Leo Lion und dessen Frau Bertha Weinberg in Brambauer geboren. Seine Schulferien verbrachte er oft in Willich und wohnte im Haus seines Onkels Arthur an der Bahnstraße. In seinen Memoiren beschreibt er die Idylle, die er damals dort vorfand:

"Es gab dort einen großen Stall für die Kühe und das Pferd, darüber befand sich ein Heuboden. Außerdem war dort ein großer, schattiger Garten mit prächtigen Obstbäumen und einem blätterbewachsenden Gartenhaus, in das man sich zurückziehen konnte, um eine Birne zu essen, die gerade vom Ast gefallen war. Meine Großmutter Lina, die oben unter dem Dach lebte, hatte diese Bäume gepflanzt. Ich half, die Kühe zu melken und war dankbar, wenn mich mein Onkel Bobbie, das Pferd, reiten ließ. Was war das für eine wundervolle Zeit."

Ernst Lion besuchte das Realgymnasium in Dortmund, anschließend arbeitete er im Kaufhaus der Gebrüder Kaufmann in Dortmund. Als dieses arisiert wurde, verlor er seine Arbeit. Schon früh beabsichtigte er, durch eine Auswanderung in die USA dem Terror der Nationalsozialisten zu entfliehen. Doch der Versuch, im Kölner Konsulat die notwendigen Papier zu erhalten, scheiterte. Nach der Reichspogromnacht wurde er verhaftet und ins KZ Buchenwald gebracht. Im Dezember 1938 wurde er mit der Auflage entlassen, Deutschland innerhalb von drei Monaten zu verlassen.

Doch die Pläne von Ernst Lion änderten sich nochmals: Er lernte Liesel Mosbach aus Iserlohn kennen und verliebte sich in sie. Am 18.12.1938 heirateten die beiden. Wie so viele Juden glaubte auch das Ehepaar Lion, der Sturm würde auf irgendeine Weise über sie hinwegfegen. Doch diese Hoffnung trog: Am 26.2.1943 wurden Ernst und Liesel Lion von Dortmund aus nach Auschwitz deportiert. Dort kam Ernst in das Außenlager Monowitz und arbeitete in einer Fabrik zur Herstellung von synthetischem Gummi. Seine Frau sollte er nicht mehr wiedersehen - sie überlebte den Holocaust nicht.

Aufgrund der nahenden Front musste sich Erst Lion im Januar 1945 einem Todesmarsch anschließen. Bei Füssen wurde er endlich von amerikanischen Truppen befreit. Aufgrund seiner guten Englischkenntnisse fand er sogar Arbeit bei der US-Army und wurde bald zum Quartiermanager ernannt. Im Sommer 1946 erhielt er eine Mitteilung von seiner in den USA lebenden Tante Johanna Mendelsohn, das alles für seine Einwanderung vorbereitet sei. Am 27.Februar 1947 bestieg er in Bremen ein Schiff nach New York.

In den USA nannte er sich Ernest G.Lion. Er wurde Manager einer großen Supermarkt-Kette und heiratete 1953 ein zweites Mal. 2000 schrieb er seine Memoiren. Das Buch „The Fountain at the Crossroad" ist ein beeindruckendes Dokument der Zeitgeschichte, dessen Lektüre ausdrücklich zu empfehlen ist. Ernest G.Lion starb 2002 in Myrtle Beach, South Carolina.

Hier gelangen Sie zu den Memoiren von Ernest G.Lion: "The Fountain at the Crossroad"