Stadt Willich

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Rhea Standke - Melody Pond 2

Öl auf Leinwand

Weitere Ansichten des Kunstwerks

„Ich ermale mir die Welt, in der ich leben möchte"

Farbige Wolken, dicht an dicht, scheinen aus den Malereien von Rhea Standke in den Raum hinein zu quellen und den Betrachter einzuhüllen. Man bleibt nicht vor dem Bild, sondern verliert sich im expandierenden Koloritdunst, wird geradezu von ihm überschwemmt und hineingesogen. Es ist ein Feuerwerk schillernder Farbigkeit, das sich auf der Fläche entfaltet. Farbkontraste so wie subtile Hell-Dunkel-Abstufungen modellieren die Farbflächen zu greifbarer Plastizität. Der dramatische bis zur Ekstase gesteigerte Modus der Farbe erscheint von hoher Künstlichkeit, zumindest nicht direkt der Natur entliehen. Und doch liegt der Ursprung der Malereien im Floralen.

Anfangs setzte sich Rhea Standke mit dem Motiv „Rose" auseinander und verinnerlichte so die Form des vielblättrigen Blütenkelches. Dabei hat sie gegen das Verwelken angemalt und die sich verändernden Formen notiert. Nicht etwa, weil sie den Vorgang festhalten wollte, sondern weil sich der Aufbau des Bildes über mehrere Tage in Form feiner Lasuren vollzog. So ist, wenn auch nicht vorsätzlich, von Anfang an in Rhea Standkes Darstellungsweise etwas Prozesshaftes eingeschrieben, da das Motiv quasi in Auflösung begriffen ist.

Blumen und Blüten mit ihrem Reichtum an weichen organischen Formen und betörenden Farbnuancen verwandeln sich in Rhea Standkes Bildern zu abstrakten Makrokosmen erotisch sinnlicher Ausstrahlung. Dabei geht sie intuitiv vor, betont ausdrücklich ihre Arbeiten nicht zu erdenken, sondern zu ermalen, „sich dem Entstehungsprozess zeitauflösend hinzugeben, alles Wollen und Müssen loszulassen, der eigenen inneren Kraft gänzlich zu vertrauen." Das setzt eine große malerische Erfahrung voraus, denn alles muss "alla prima", also in einem Zug sicher, auf die Leinwand gesetzt werden.

„Ich kombiniere grelle, leuchtende Neontöne mit vielfältig abgestuften Pastellakzenten und morbidem Kolorit." Diese barock anmutende Komposition ist der erste Schritt zum fertigen Bild. Aber es ist nicht das, was Rhea Standke beabsichtigt, sondern sie sucht nach Wegen, um in neue Erfahrungsräume jenseits der gewohnten vorzudringen. „Ich schaffe neue, der dreidimensionalen materiellen Welt entfliehende, unbekannte zeitlose Formationen, die nur für einen einzigen ewig währenden Moment in der Gegenwart aufleuchten."

Das gelingt ihr, indem sie in die noch nicht durchgetrocknete Ölfarbe hineinarbeitet, also die noch feuchte Farbe mit dem Pinsel verwischt und dadurch erneut mischt. So entstehen feine Übergänge, so fein, dass bei einigen Partien der Eindruck entsteht, sie habe mit Airbrush gearbeitet. An anderer Stelle bleiben scharfe Konturen des vorangegangenen Bildes als Fragmente bestehen. Sie möchte eine undefinierte, den Gesetzen von klassischen Perspektivlehren abgekehrt, neuartige omnipotente Räume kreieren. Tiefe und Plastizität werden durch feine Hell- Dunkel-Abstufungen herausarbeitet und so unklare wolkige Formationen erschaffen. Weiß durchdringt alle Farben und lässt sie erscheinen, als wären sie von Licht durchdrungen oder sogar selbst nichts als farbiges Licht. Die diffuse Unschärfe in Bezug auf das naturalistische Bild lässt darüber hinaus das malerische Gefüge in Bewegung geraten.

Bei Rhea Standke ist das Gegenständliche in seine Farbwerte aufgelöst, ist immateriell geworden und stellt einen eigenständigen malerischen Kosmos dar, der nicht mehr die vertraute Welt abbildet, sondern surreale Welten und Phantasielandschaften eröffnet, an denen herkömmliche Sehgewohnheiten scheitern.

Das gilt auch für die parallel entstehenden Arbeiten von Rhea Standke, die in einem düsteren, gedeckten Farbspektrum gehalten sind. Der Duktus des Verwischens ist hier eher erkennbar, lässt bisweilen an Gewandfalten und Stoff denken sowie darunterliegende Körperfragmente assoziieren. Doch auch hier sind es Blütenarrangements, die Pate gestanden haben, aber ihnen wurde die brillante Farbigkeit genommen. Es sind schmutzige Farben, etwas morbide und eher dem Verwelken und Vergehen geschuldet. Weiß spielt eine untergeordnete Rolle und so scheinen die Farben nicht mehr transluzent, sondern die sich entwickelnden Volumina leuchten durch sparsam gesetzte Lichter nur geheimnisvoll verhalten in der Dunkelheit auf. Dadurch stellt sich eine vollkommen andere Atmosphäre ein. Und genau das ist es, was Rhea Standke interessiert: ein eigenständiger Kosmos, der aus Farbe und Form erschaffen wird, der nicht völlig abstrakt ist, aber auch nichts Gegenständliches mehr aufweist, an dem sich Erzählerisches entzünden könnte. „Im Mikrokosmos ist bereits das ganze Universum in seiner Vollkommenheit enthalten. Deshalb genügt schon ein kurzes Innehalten, in dem die Kostbarkeit des Augenblicks in der Aufmerksamkeit für eine Blüte spürbar wird, um den Makrokosmos eines Himmelsgewölbes und Firmaments zu entwerfen."

Rhea Standke, 1972 geboren in Dresden, lebt und arbeitet in Düsseldorf. 1996-2002 Studium der Freien Kunst an der Kunstakademie Karlsruhe bei Peter Dreher, Ernst Caramelle und Günther Umberg. 2002 Diplom bei Günther Umberg. Nov. 2002 - 2006 Studium der Freien Knst an der University of Applied Arts in Wien bei Prof. Wolfgang Herzig und Prof. Johanna Kandl. 2004 sechs Monate Arbeitsaufenthalt in China (Dalian, Qingdao, Beijing, und Huangzhou) im Rahmen eines Stipendiums. 2010 Studium der Freien Kunst an der Düsseldorf Kunstakademie bei Herbert Brandl, Meisterschülerin und Akademiebrief.

Text: Jutta Saum M.A.
Fotos: Lena Kuntze

weitere Daten
Art Städtische Kunstsammlung
Künstler Rhea Standke
Titel des Werkes Melody Pond 2
Material Öl auf Leinwand
Größe 100cm x 120cm
Anschaffungsjahr 2017
Homepage www.rheastandke.de