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Prae Pupityastaporn - Spiegelverkehrt

Acrylfarbe auf Leinwand

Weitere Ansichten des Kunstwerks

Die menschleeren Orte auf Prae Pupityastaporns Bildern erscheinen auf eigentümliche Weise vertraut und fremd zugleich. Sie sind prinzipiell denkbar, aber irgendwie doch nicht real. Was dieses unbestimmte Gefühl des Künstlichen auslöst, bleibt auf beunruhigend unheimliche Weise zunächst unklar.

Da ist diese fahle Farbigkeit, die sich über die Arbeiten ausbreitet, und die ausgesuchte Komposition, die sich vor allem in der Flächengliederung als genau durchdacht präsentiert. Zweifellos existieren diese Orte nicht, sondern sind künstliche Bildorte - nicht allein, weil sie gemalt sind, sondern weil sie zudem aus verschiedenen Versatzstücken montiert sind. Das Einzelne scheint zwar „echt", verliert aber durch die Kombination und die neuen Nachbarschaften diesen Anspruch, und so bleibt der Betrachter in einer surrealen Ambivalenz zwischen Realität und Fiktion gefangen.

Tatsächlich bedient sich Prae Pupityastaporn im Internet und bei Büchern oder Filmszenen als Ideengeber wie etwa bei dem Bild „Stalker", das sich an das gleichnamige filmische Endzeitepos von Andrei Tarkowski anlehnt. Die Malerin verwendet dieses Material aber nicht als Vorlage, sondern betrachtet es als Quelle, die sie nach und nach aus dem Auge verliert, um im malerischen Prozess ein eigenes, neues Bild aus ihm zu entwickeln. Sie selbst vergleicht ihren bildnerischen Ansatz mit der Art und Weise wie in der Literatur mit Worten gearbeitet wird: „Worte erzeugen Bilder, die gar nicht existieren, aber sich dennoch auf die Realität beziehen. Liest man etwa die Beschreibung von etwas, so wird man natürlich versuchen, sich das Bild vorzustellen, das zur Beschreibung passt, und diese Bilder haben einen Anteil, der sich auf die Realität bezieht, aber sie sind auch obskur und surreal."

Selten sind es real erlebte Orte, die in Prae Pupityastaporns Bildern Gestalt annehmen, aber in ihre Malerei fließen Erfahrungen ein, die sie an anderen Orten, eben „irgendwo" gemacht hat. Ähnlich ergeht es dem Betrachter, der vergleichbare Erfahrungen hat, die ihm die Bildorte bei aller Fremdheit auch vertraut erscheinen lassen: „anywhere but here". Ein „hier" konkretisiert sich als Bildort, wenn Prae Pupityastaporn die Inspirationen atmosphärisch mit Leben füllt, indem sie sie im malerischen Prozess frei abwandelt und kombiniert. Manchmal ergänzt sie Elemente, manchmal lässt sie etwas weg, bis sich ihre Imagination eines Ortes im Material Farbe manifestiert.

Morbide und geheimnisvoll ist das Ergebnis. Irrende Wege führen durch unwirtliche Landschaften ins Nirgendwo, Türen öffnen sich nur einen Spaltbreit oder Durchgänge verlieren sich im Dunkel. Natur ist auf Rudimente ihrer selbst zurechtgestutzt und Bäume und Sträucher kommen wie bei „Eight Bushes" als plastisch modellierte Kegel einer sterilen Bauklotzlandschaft daher.

Auffällig ist dabei ein nahezu gleichberechtigtes Nebeneinander aller Teile. Das liegt vor allem an der Flächengliederung, die die einzelnen Elemente, die als Singularitäten farblich penibel gegeneinander abgesetzt sind, in einer übergreifenden Formfindung verbindet. Meist existiert eine Art Rahmung des Bildes, die durch angeschnittene Objekte im Randbereich erreicht wird und deutlich macht, dass es sich hier um einen Ausschnitt handelt, einen Fensterausblick, ein Panorama, eine subjektive Setzung - eben ein Bild. Selten allerdings kann der Blick schweifen und trifft auch am Horizont schnell auf Grenzen in Form von schneebedeckten Vulkankratern, Fensterreihen oder querstehenden Mauern und Gebäuden. Die Grenze zwischen drinnen und draußen wird artifiziell umspielt. Wasserpfützen spiegeln wie bei „Stalker" den Außenraum ins Innen. Oder ist es andersherum? Bisweilen bleibt der Zweifel darüber kalkuliert, denn Prae Pupityastaporn schachtelt Bilder in Bildern oder zeigt denselben Ort gleichzeitig in verschiedenen Ansichten, sodass man sich bei seiner Betrachtung ebenso in ihm zu befinden scheint. Immer wieder tauchen Elemente auf der Bildfläche auf, die nicht so gut mit dem Rest des Bildes zusammengehen wollen und die logische Stringenz der Situation untergraben.

Für einen Bruch der Realität sorgt auf malerischer Ebene, dass fotorealistische Details neben abstrakteren Partien stehen und disparate Strukturen kombiniert werden. So ist z.B. das Rohr in der Ansicht eines Hinterhofs mit großer Akribie naturalistisch aufgefasst. Die Struktur der Mauer, auf der es sich befindet, dagegen ist abstrakt gehalten. Prae Pupityastaporn arbeitet in Mischtechnik, kombiniert Öl und Acryl auf Leinwand und setzt Farbe sehr flüssig ein. In diesem Fall erscheint die malerische Bearbeitung wie eine Nachahmung der natürlichen Verwitterung. Die auf die liegende Leinwand gekippte Farbe hinterlässt in Schlieren und Farbnasen ganz ähnliche Spuren wie das die Wand herunterrinnende Regenwasser. So ist die Malerei von Prae Pupityastaporn auch ein Diskurs über die Malerei selbst.

Prae Pupityastaporn, ist in Bangkok, Thailand geboren. Sie studierte am King Mongkut Institut Ladkrabang in Thailand visuelle Kommunikation und anschließend an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main Malerei bei Adam Jankowski. Danach absolvierte sie ein Studium der freien Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf, das sie 2015 als Meisterschülerin bei Prof. Herbert Brandl abschloss. Aktuell lebt und arbeitet sie in Bangkok, Thailand.

Vollständiger Lebenslauf der Künstlerin

Text: Jutta Saum M.A., anlässlich der Ausstellung: Prae Pupityastaporn, „anywhere but here" Malerei, 07.09. - 28.09.2014, in der Galerie Schloss Neersen)
Fotos: Lena Kuntze

weitere Daten
Art Städtische Kunstsammlung
Künstler Prae Pupityastaporn
Titel des Werkes Spiegelverkehrt
Material Acrylfarbe auf Leinwand
Größe 155cm x 191cm
Anschaffungsjahr 2014
Herstellungsjahr 2011
Homepage www.praepupityastaporn.com