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Olcay Kuş - zwischen zwei Straßen
Acryl auf Leinwand
Olcay Kuş Thema ist die Stadt als ein Ort der Verdichtung, sowohl von Menschen und Bauten, als auch von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Im urbanen Schmelztiegel treffen unterschiedliche Kräfte, Interessen, Erwartungen und Traditionen aufeinander, wobei die Anonymität der Masse einerseits individuelle Entfaltung und Toleranz, auf der anderen Seite Gleichgültigkeit und Gewaltbereitschaft schafft. Olcay Kuş ist ein Kind der Großstadt. Er wuchs in Izmir auf, lebte einige Zeit in Istanbul und kam vor rund zwei Jahren nach Berlin. Seine dort gewonnen persönlichen Eindrücke und Erfahrungen fließen in seine Arbeit ein.
Das Bild der Stadt, wie es Olcay Kuş zeigt, ist das eines lebendigen pulsierenden Organismus, der sich aus dem nie abreißenden Strom an Spuren und Markierungen der Existenz seiner Bewohner generiert. Durch- blicke und Einblicke, flüchtige Eindrücke von Gebäuden, Körpern und Dingen finden Eingang in seine Bilder. Es ist der unstete, nicht fokussierte Blick des Vorübereilenden, der nicht zur Ruhe kommt, nicht aufnehmen kann, was ihm in aller Fülle entgegendrängt. Montageartig werden die bruchstückhaften Eindrücke ins Bild gesetzt. Versatzstücke aus unterschiedlichen Kontexten überlappen und überschneiden oder verdecken sich bisweilen sogar komplett. Scharfe Schnittlinien, die das Bild mehrfach in isolierte Bildsegmente unter- teilen, machen inhaltliche Brüche umso deutlicher. Unvereinbares steht nun nebeneinander, driftet explosionsartig aufeinander zu, birgt aber auch neue Möglichkeiten und Überraschungen als Annäherung an die moderne, immer komplizierter werdende urbane Realität.
Es entsteht der Eindruck überklebter und bemalter Abrisswände, wie man sie allerorts in Großstädten findet. Und tatsächlich scheint das Phänomen „Wand" die tragende Idee hinter Olcay Kuş Bildern, denn das malerische Kontinuum, in das alles eingebettet ist, ist dem Graffiti entliehen. Man kann förmlich die Mauer spüren, denn verschiedenste Texturen ahmen nach, was sich im städtischen Umfeld entdecken ließ. Natürlich kommt die
Sprühdose zum Einsatz. Schrill bunt aufgesprühte Linien formieren sich zu unentzifferbaren, weil nur im Ausschnitt sichtbaren, Schriftbildern, entwickeln sich dagegen mehr als freie Gestaltungselemente, die nervösen Rhythmus und treibendes Tempo ins Bild bringen. „BOOM!" oder „"WHAM!" möchte man ergänzen, um endlich die bis zum Äußersten getriebene, aggressive Spannung einiger Arbeiten aufzulösen.
Die eher statischen, comicartig, stark verein- fachten, teils wohl mit Schablonen aufgebrachten Körperteile und Gesichter, die mal seriell, dann wieder, gerade wenn sie nur ausschnitthaft erscheinen, zeugen von großer Sensualität. Von der anonymen Masse wird hier wieder auf das Individuum zurückgezoomt, das das städtische Leben, Intimität wie auch Gewalt, am eigenen Körper hautnah erfährt. Nur zeitweise, von seltenen leisen, fast melancholischen Tönen begleitet, scheint der Rückzug ins Private zu gelingen und darf hinter trüben Fenstern mit geisterhaft tentakelnden Zimmerpflanzen Schutz gesucht werden.
Texte: Jutta Saum M.A.
Fotos: Lena Kuntze
Art | Städtische Kunstsammlung |
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Künstler | Olcay Kus |
Titel des Werkes | Zwischen zwei Straßen |
Material | Acryl auf Leinwand |
Größe | 90cm x 110cm |
Anschaffungsjahr | 2020 |
Herstellungsjahr | 2019 |
Homepage | www.olcaykus.com |