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Natascha Schmitten - Bouillon
Lithografie
Die Malerei ist Ausgangspunkt für die Graphiken von Natascha Schmitten, denn hier führt sie fort, was sie in der Malerei entwickelt hat.
In der Malerei arbeitet sie mit relativ dünnflüssiger Farbe und überbreiten Pinseln auf glattem Nylonstoff. Mit einem mit mäßiger Geschwindigkeit ausgeführtem Strich bring sie großflächige Farbspuren auf die Leinwand. Die halbtransparenten Lasuren schichten sich wie feine Gaze übereinander, Farbtöne entstehen durch Überlagerung, ohne sich wirklich zu vermischen. Der Duktus des vorhergehenden Farbauftrags bleibt dabei oft sichtbar. Die Überschneidungen und Überlappungen ergeben zahlreiche Versprünge, die das Bild maßgeblich gliedern. Positiv- und Negativformen, Spiegelungen, Durchblicke und opake Flächen vexieren und lassen einen undurchschaubaren und keineswegs auf perspektivische Korrektheit angelegten Tiefenraum entstehen. Durch die bewegte Spur des Pinsels gerät der Raum in eine eigentümliche langatmige Schwingung, die nicht selten als Echo auf figurativ verhaftete Eindrücke angelegt ist. Es ist ein Spiel mit Transparenzen, die nicht feststehen, sondern verhandelbar sind, und scheinbar schon durch einen leichten Windzug in Bewegung geraten könnten.
Nylonstoff, den Natascha Schmitten als Malgrund nutzt, ist sehr glatt, daher können sehr präzise Konturen geschaffen werden, aber auch feinste Lasuren. Die Transparenz des Stoffes verführt Natascha Schmitten dazu, sie teilweise auch als Gestaltungsmittel einzusetzen und damit die reine plane Fläche der Malerei zu verlassen. Rahmenkanten und Spannkreuze bleiben unter der bemalten Fläche als Schatten des dreidimensionalen Objektes „Bild" sichtbar.
Entsprechendes überträgt Natascha Schmitten auf die Graphik. Ganz gezielt hat sie die Lithographie gewählt, denn der Steindruck ist eine Technik, die mehr als jedes andere druckgraphische Verfahren malerische Strukturen darstellen kann. Das liegt daran, dass direkt mit flüssiger Farbe auf den Stein gearbeitet wird und so verschiedene Tonwerte nicht wie üblich aus graphischen Elementen wie Linie, Rasterpunkte oder Schraffur nachgebildet werden müssen. Die Modulation der Tonwerte ist sogar so fein, dass die Lithographie dem Aquarell und der Malerei eng verbunden ist.
Natascha Schmitten arbeitet in Unikat-Serien, die sie „Dümpelfelder", „Erased", „Jabel" und „Bouillon" betitelt. Dem Arbeitsprozess der Schichtung und Überlagerung, den sie in der Malerei wählt, entspricht in der Lithographie das Drucken von mehreren Steinen in verschiedenen Farbvariationen. Jeder Serie lieg jeweils ein Leitstein zu Grunde, der eine Grundstruktur vorgibt, die durch den Einsatz weiterer Steine abgewandelt werden kann. Dabei ist jeder Stein wiederum mit lasierenden Schichtungen bearbeitet und kann z.B. durch erneutes Ätzen oder Schleifen individuell nachbearbeitet werden. Dadurch ergibt sich eine schier unendliche Möglichkeit der Variation. Natascha Schmitten wählt eine wässrige Farbigkeit mit weichen, fast wie ausgewaschen erscheinenden Verläufen, die den Graphiken, die sie wie die Malerei auf Nylonstoff aufbringt, etwas Schwebendes verleiht. Wie überbelichtete Röntgenbilder erscheinen manche Strukturen, wenn Feines nahezu als lichte Fläche ausgeblendet wird und nur noch schwache Konturen des Auftrags als knöcherne Struktur sichtbar bleiben. So entlarvt Natascha Schmitten trotz Erhalt einer tiefenräumlichen Wirkung Malerei stellenweise auch als graphisches Medium. Die Vermischung der Gattungen betreibt sie auch ganz real, indem sie die fertigen und auf Nylon gedruckten Lithographien final malerisch bearbeitet.
Natascha Schmitten, 1986 geboren in Bonn, lebt und arbeitet in Köln. 2006-14 Kunstakademie Düsseldorf, 2010 MaxErnst Stipendium, 2011 Residency in London, 2012 Meisterschülerin von Professor Siegfried Anzinger; Mercuri Urval Stipendium.
Text: Jutta Saum M.A.
Fotos: Lena Kuntze
Art | Städtische Kunstsammlung |
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Künstler | Natascha Schmitten |
Titel des Werkes | 2 Lithografien aus der Serie Bouillon |
Material | Lithografie |
Größe | 48cm x 39cm |
Anschaffungsjahr | 2016 |